Genuss im Überfluss – Interview mit Oliver Edelmann

Haben Sie schon mal eine so wohlklingende Jobbezeichnung gehört wie „Genussbotschafter“? Im A-ROSA Team darf den auch nur einer tragen: Oliver Edelmann. Und wirft man einen Blick auf seine Karriere, bleibt kein Zweifel mehr, dass er genau der Richtige dafür ist. Der Wahl-Schweizer ist selbst Chef-Pâtissier, in den besten Küchen der Welt zu Hause, verantwortlich für zwei Michelin-Sterne, gefragter Eventkoch, Küchenplaner und Ernährungscoach – und eben hauptverantwortlich für unsere Gourmetreisen. Grund genug, ihm ein paar Fragen zu stellen.

Oliver Edelmann

Sie sind seit zehn Jahren für die Gourmetreisen bei A-ROSA verantwortlich. Was begeistert Sie daran?

Ich mag besonders, dass ich so flexibel bin und viel Gestaltungsfreiraum habe. Es ist großartig, dass die Reederei uns weitgehend freie Hand lässt, die Gourmetreisen jedes Jahr neu zu erfinden. Ich mag auch den Begriff „Genussbotschafter“ ganz gern. Es genügt mir nicht, auf dem Schreibtisch ein Angebot zu entwickeln, ich will selbst an Bord sein und mithelfen, den Genuss auf den Teller des Gasts zu bringen. Nur so kriegen wir das direkte Feedback von unseren Gästen, das wir gleich wieder mit in die nächste Planung nehmen. Außerdem liebe ich es, im Team zu arbeiten, mit Leuten aus verschiedenen Kulturen Spaß bei der Arbeit zu haben. Zu sehen, wie alle im Team gespannt sind, wenn wir ein neues Menü präsentieren. Während der Reisen verlangen wir viel von unserem Küchenteam. Deshalb ist es so wichtig, dass wir ihnen ein gutes, wertschätzendes und abwechslungsreiches Umfeld bieten.

Haben Sie eine Lieblingsgourmetreise?

Meine Lieblingsreise ist die Rhône Route Gourmet. Dazu muss man wissen: Ich war früher nie ein großer Freund von Frankreich, was vielleicht daran liegt, dass sich mir die Sprache nie erschlossen hat. Seit ich bei A-ROSA bin, habe ich mich allerdings richtig in das Land verliebt und es sozusagen über den Gaumen neu verstehen gelernt. Ich mag vor allem die Qualität der Produkte, die ich bei unseren Händlern oder auf den Märkten kriege.

Liebe geht eben doch durch den Magen, oder?

Auf jeden Fall. Ich mag aber auch das Unaufgeregte, das die Menschen im Süden ausmacht. Außerdem das tolle Klima, das Wechselspiel der Natur zwischen Frühjahr und Herbst. Da durchzufahren und von Deck alles mitzukriegen, ist fantastisch. Wir haben viele tolle Routen, aber die Rhône bleibt für mich ein klein wenig außergewöhnlich. Was die Sprache angeht, hat sich da aber leider noch nicht so viel getan.

Sie sind in ganz Europa unterwegs. Wo kaufen Sie am liebsten ein?

Am allerliebsten in Chalon, wenn wir von Lyon ablegen und kurz nach Norden fahren. Mein Favorit ist der Wochenmarkt am Sonntag. Der Mix aus Geschäften und Markttreiben ist sensationell. Hier gibt es alles, von Kaninchen bis zu Innereien – und natürlich einen reich gedeckten Tisch an Gemüse aus der Region.

Auf den Gourmetreisen sind immer neue Gastköche dabei. Mal ehrlich, Herr Edelmann: Suchen Sie die nicht auch ein bisschen nach Ihrem eigenen Appetit aus?

Da muss ich Sie enttäuschen. Mein Kriterium ist eher, ob ich mir vorstellen kann, dass der Geschmack und die Anrichteweise des Gastkochs oder der Gastköchin bei unseren Gästen gut ankommen. Der tollste Molekularkoch unserer Zeit bringt mir ja nichts, wenn seine Küche die Gäste überfordert. Schön ist natürlich auch, wenn der Koch sich gut ins Team einfügt. Viele Gastköche sind inzwischen zu Freunden geworden. Edelmann cooking with friends, könnte man sagen.

Wie sieht für Sie ein perfekt komponiertes Menü aus?

Ein perfektes Menü liegt immer im Auge des Betrachters. Oder eher auf der Zunge des Essenden. Ich persönlich will mich schon beim Lesen der Speisekarte in das Menü hineindenken können. Außerdem braucht jedes Menü einen optimal ausgeloteten Spannungsbogen, sodass man sich auf jeden Gang aufs Neue freut. Ich will beim Essen Spaß haben, Sterne interessieren mich nur am Rande. Ein gutes Beispiel dafür ist das Café Sillon in der Avenue Jean Jaurès in Lyon. Ein junges Team, top ausgebildet, mit Freude am Handwerk.

Viele Leute wissen so ungefähr, wie eine Spitzenküche an Land funktioniert. Was macht das Kochen auf einem Schiff besonders?

So ganz anders ist es gar nicht. Die Zutaten bleiben dieselben, die Geräte sind identisch und die Arbeitsabläufe bis auf wenige Ausnahmen ebenso. Ach ja, unsere Regale und Herde haben alle eine kleine Reling, damit die Töpfe, Pfannen und Teller bleiben, wo sie sind, auch wenn das Schiff mal leicht schaukelt. Was unsere Prozesse angeht, sind wir natürlich ans Schiff und ans Bordleben gebunden. Beim sogenannten Loading nehmen wir deshalb immer gleich größere Mengen an Lebensmitteln an Bord, als ein Restaurant das tun würde. Frische Zutaten kaufen wir dann dazu, wenn wir liegen.

Abgesehen vom Kochen, was mögen Sie an einer Reise auf dem Fluss?

Morgens früh oder am Abend liebe ich es, an Deck zu sitzen und durch die Landschaft zu gleiten. Dazu gute Musik aus dem Kopfhörer: ein Traum. Das steht eindeutig ganz oben auf meiner Liste.

Erinnern Sie sich an ein besonders schönes Kompliment für Ihr Essen?

Für mich zählen nicht unbedingt die einzelnen Komplimente für diesen oder jenen Gang. Viel mehr freut es mich, wenn sich an Bord eine generell zufriedene Stimmung breitmacht. Und das hängt ja eher mit unserer Gesamtleistung zusammen. Wenn man in lauter zufriedene Gesichter schaut, von Gästen und Teamkollegen, das ist toll.

Zum Schluss hätten wir gern noch eine Empfehlung von Ihnen: Welche Spezialität außerhalb Deutschlands darf man nicht verpassen?

Aus meiner Zeit im Engadin kenne ich Plain in Pigna. Das ist ein Kartoffelgericht, ähnlich einem Rösti, das im Ofen gebacken wird. Wenn es gut gemacht ist, gibt es nichts Herrlicheres, vor allem nach einer anstrengenden Bike-Tour auf über 2.300 Metern.

Vielen Dank!